Death Valley - Unendliche Weiten

Nach der Enttäuschung in Vegas können wir eine menschenleere Natur kaum erwarten - wenn die Wahl dann auf Death Valley fällt, ist es fast schon wieder zu viel des Guten, aber wir wagen es trotzdem. Da auf den Webseiten der Nationalparks gebetsmühlenartig wiederholt wird, dass Campingplätze innerhalb der Parks rar sind (und wir nur durch großes Glück im Zion übernachten konnten), machen wir es diesmal schlauer und suchen uns einen kostenlosen Walmart Parkplatz, etwa 20km von dem Eingang zum Valley entfernt raus, auf dem wir nach langer Fahrt unser Nachtlager aufschlagen. Devise: im Walmart mit Lebensmitteln für die kommenden Tage eindecken, Abendessen, früh ins Bett und um drei Uhr morgens aufstehen, damit wir einen guten Platz im einzigen First come, first serve Campground abgreifen können. Also fahren wir in aller Herrgottsfrüh in den Nationalpark und suchen uns im stockdunkel einen Platz für unsere Peggy, wo wir ein paar Stunden weiter schlafen können. Die Campgrounds in diesem Nationalparks sind "automatisiert", es gibt einen Anmeldetisch mit einem Formular für Nummernschild, Name und Herkunft, sowie ein Umschlag für Bargeld, Kreditkartendetails oder Schecks. Einmal am Tag geht dann der Camphost über den Platz und kontrolliert. Geweckt werden wir von der Hitze im Auto - zu absoluter Stille. Genau zwei andere Autos befinden sich auf dem steinernen Feld. Wir haben mit unserer Planung maßlos ins Blaue geschossen und die Besucherzahlen von Zion mit denen im Death Valley gleichgesetzt. Während im Frühling in Zion Hochsaison auf Grund der Blüte, Schneeschmelze und dankbaren Temperaturen ist, strömen die Massen bereits im Winter ins Tal des Todes, denn im Sommer herrschen hier die gefährlichen Temperaturen, die dem Namen des Tales alle Ehre machen. Das bedeutet hier sogar, dass der Park in Sommer aus Sicherheitsgründen schließen muss. Uns reichen die 32 Grad schon und wir sind froh um die fehlenden Touristen zum Ende der Saison. Genau wie im Netz angepriesen, sind außer den Temperaturen zwei weitere Umstände besonders einmalig: die absolute Stille auf Grund der fehlenden Tierwelt und einer der unbeeinträchtigsten Sternenhimmel weltweit. Das Tal liegt so fernab jeder Lichtverschmutzung, dass es von Experten mit den äußeren Teilen Nordsibiriens, Kanadas und Patagoniens gleichgesetzt wird. Und wieder wird uns die schiere Unendlichkeit Nordamerikas bewusst.

Wir starten den Tag mit einem Ausflug zur Salzebene, die ca 20km entfernt ist. Nach einem Nationalpark in Alaska ist das Death Valley der zweitgrößte geschützte Park in den USA. Zum durchqueren kann man von Nord nach Süd einen ganzen Tag Fahrt einberechnen. Früher war hier ein mineralhaltiger See mit sehr flachen, ausladenden Ufern, der über die Jahrtausende ausgetrocknet und abgeflossen ist. So befindet man sich hier am tiefsten trockenen Punkt Nordamerikas, genau gesagt auf -85,5 Meter, in sengender Hitze, da sich das Wetter trotz starker Winde in den riesigen Tal staut. Umringt wird es von bis zu 1500 Meter höheren Bergketten, die unglaublich langsam ansteigen und den falschen Eindruck einer flachen Hügelkette erwecken, was bei uns für nicht wenig Verwirrung sorgt. Angekommen auf der "Salt Flat" heißt es Beine in die Hand nehmen und mit dem vorhandenen Wasser so weit wie man sich eben traut raus laufen ins gleißend helle Ödland. Ein Ranger steht Tag ein, Tag aus am Parkplatz auf einer Erhöhung, um bei Situationen mit Hitzeschlägen oder fehlendem Wasser weit draußen auf dem Salzsee eingreifen zu können. Wir wagen uns weit raus auf die spiegelglatte Fläche und entdecken eine Fata Morgana und Spiegelillusionen überall um uns. Erst als wir wieder zurück am Parkplatz sind, sehen wir in der Felswand über uns ein Schild mit der Aufschrift "Sea Level". Uff, das ist gehörig weit oben!

Auf dem Rückweg erkunden wir noch eine Mineral-Abbau Station von anno dazumal. Hier stand auch die Hütte einer der Tagbau Arbeiter, die damals das weiße Gold und andere Mineralien abgebaut und nach San Francisco geschafft haben. Als der Arbeiter, der gleichzeitig als Wetterfrosch für das Tal fungierte, eines Mittags 1913 nach dem Gang um seine Holzhütte, auf dessen Rückseite das Thermometer befestigt war, mit ausgetrockneten Lippen und gereizter Lunge zurückkam, schrieb er auf, er habe soeben die Rekord Temperatur von 56,7Grad Celsius gemessen - schon war der Name für diesen Ort gefunden.

Kurz darauf fahren wir an einer flachen Hotelanlage mit Pool vorbei. Moment, stand da gerade POOL?! Auftrag erkannt, nichts wie rein ins kühle Nass! Wir vertreiben uns hier die heißesten Stunden, bevor wir uns ein grandioses Abendessen am Campingplatz zaubern und danach bei offenem Heck vom Bett aus einen der sensationellsten Sonnenuntergänge und den mit Abstand klarsten Sternenhimmel, den wir je gesehen haben, bewundern. Natürlich mit reichlich Bier ausgestattet, auch wenn nur Budweiser.

Den kommenden Tag starten wir lieber so früh wie möglich, denn morgens von Hitze geweckt zu werden sorgt nicht gerade für hervorragende Stimmung. Da der nördliche Teil des Tals noch wegen einer verheerenden "Flashflood" vom Vorjahr gesperrt ist, fahren wir direkt im Westen wieder raus - kann ja nicht so lange dauern. Ja, denkste. Wir fahren und fahren und fahren und bemerken gar nicht, dass wir die konstant steigende Bergkette schon fast halb erklommen haben, als Natze plötzlich fluchend vom Gas geht und rechts ran fährt. Das Kühlwasser kocht und wir haben es nicht gemerkt, da sich der Grad der Straße so schleichend über die letzten Stunden gesteigert hat. Als wir aussteigen, merken wir erst, wie schräg wir stehen. Jetzt heißt es Motorhaube öffnen, Kühlwasser nachfüllen und hoffen, dass Mademoiselle wieder anspringt, wenn sich alles beruhigt hat. Kein Ort, an dem man einen Motorschaden erleben möchte, definitiv. Einige Autos rauschen unbekümmert an uns vorbei und wir fragen uns, wo denn die hochgelobte Hilfsbereitschaft der Amis geblieben ist. Der einzige, der hält und sich erkundigt, ist ein Fahrradfahrer (ja, richtig gehört!), der wohl eine besonders wahnwitzige Wette am laufen hat. Noch dazu ist er allein unterwegs - tauschen? Nein danke!! 

 

Nach einiger Zeit versuchen wir also wieder unser Glück und ZACK, läuft. Jetzt heißt es also Drehzahl niedrig halten und bei 25mph hoch kriechen. Die Temperaturen sind nicht zu unterschätzen! Noch einmal müssen wir unsere Diva direkt vor dem Bergpass vorsorglich ruhen lassen, aber das sorgt auch nur für eine authentische Death Valley Erfahrung! Und geschafft, wir überwinden die letzte Hürde und freuen uns schon auf eine lebensfreundlichere Natur außerhalb des Parks, doch zu unserem Schrecken fahren wir in ein absolut identisches, wenn auch kleineres, Tal hinunter.

Alles.

Wieder.

Runter. 

 

Angekommen auf Sealevel biegen wir links auf eine schlecht geteerte Straße ab, auf der obligatorisch die ausgetrockneten Distel-Ballen aus Westernfilmen über die Straße geweht werden und parallel zu uns ein Mini-Tornado um mehr Größe kämpft. Das kann ja was werden. Zum Glück ist unser Tank noch halb voll... So schlängeln wir uns stundenlang von Seitental zu Seitental, vorbei an einer riesigen Raffinerie, die umringt von der  heruntergekommenen Geisterstadt Trona an glorreiche Zeiten erinnert, in der heute verlorene Seelen die letzten Bestände abbauen und ihr Arbeiterleben fristen. Nur schnell weg hier, da wird man ja schon vom Anblick alleine depressiv. Als es dämmert, kommen wir endlich an unserem Zwischenstop Bakersfield an. Leider ein ziemlicher Umweg auf der Route nach Yosemite: da wir aber dort wegen der noch schneebedeckten Straßen nur von Westen Zugang haben, müssen wir diese paar hundert Kilometer extra schultern. Huift ja nix. Destination Walmart, wer hätte das gedacht. Kaputt und müde fallen uns die Augen zu und wir schlafen wie Babies im Schutz unseres Peggy Panzers.

Natze & Domi



Kommentar schreiben

Kommentare: 0