Koh Tao - Der wahrgewordene Inseltraum

Natze findet Nemo

In Bangkok trennen sich also unsere Wege zum zweiten Mal während unserer Reise. Domi will unbedingt den Norden Bangkoks noch erkunden und langsamer auf die östlichen Inseln Thailands reisen. Das geht mir allerdings irgendwie viel zu langsam, denn ich bin strandsüchtig und will im Sand liegen, mir die Sonne auf die Nase scheinen lassen und nicht wieder durch Tempel streunen und von Ort zu Ort cruisen. Die Entscheidung erst einmal alleine auf eine Trauminsel “vor” zu fahren war nicht leicht, aber es ist ja nur eine Woche und die geht schnell rum, da ich mich für einen Tauchkurs angemeldet habe. Ganz spontan und ENDLICH erfülle ich mir damit einen lang ersehnten Traum! Das Kombiticket ist auch schnell gebucht, der Nachtbus bringt mich nach Chumphon und von dort aus dann nach Koh Tao. Domi und ich trinken noch ein gemeinsames Chang, bevor es für mich auch schon heißt, “Aufkleber aufs Shirt, damit man auch im richtigen Bus landet und hinein in den Nachtbus”. Acht Stunden Fahrt stehen mir bevor. Irgendwie bin ich zu aufgeregt um wirklich zu schlafen und vertreibe mir die Zeit mit Youtube-Tutorials, wie man eine Spiegelreflexkamera richtig bedient. Ja, ich habe mich während des Trips entschieden eine “richtige” Kamera zu kaufen, um noch bessere Fotos schießen zu können.

Früh um 5 Uhr hält der Fahrer dann irgendwo an einer Anlegestelle und schmeißt uns aus dem Bus. Leider geht die Fähre erst in zwei Stunden und damit heißt es wieder, Zeit irgendwie vertreiben. Wenn wir etwas auf dieser Reise auf jeden Fall gelernt haben, dann ist es geduldig sein, warten und Zeit tot schlagen und sich nicht darüber beschweren. Wir wären damit wohl die neuen Lieblingskunden der Deutschen Bahn ;-P Die Asiaten sind ja auf Touristen ausgerichtet und während immer mehr Busse und Leute ankommen öffnet auch schon ein Kaffeeladen seine Türen und macht mich ein Stück glücklicher. Mit hundert anderen trete ich nach zwei Stunden endlich den Weg auf die Fähre an und natürlich hat wieder jeder einen Sticker auf dem T-Shirt und die Farbe verrät, wohin es für denjenigen gehen soll, nach Koh Tao, Koh Phangan oder Koh Samui. Anstatt eines stickigen Platzes im Inneren entscheide ich mich für einen Platz im hinteren, äußeren Teil des Schiffes. Wie sich herausstellt eine gute Entscheidung, denn wie ich hinterher erfahre, wurden drinnen viele Kotztüten benutzt. Davon abgesehen, liebe ich es, wenn mir die die salzige Luft um die Nase weht und sich mein Blick in der endlosen Weite des Meeres verlieren kann. Noch dazu fahren wir dem Sonnenaufgang entgegen. Mehr brauche ich dazu wohl nicht sagen.

Auf Koh Tao angekommen lasse ich die lauten TukTuk-Fahrer links liegen, stecke mir meine Kopfhörer in die Ohren und laufe den Kilometer bis zu meiner Tauchschule. Dort muss ich mich direkt nach meiner Ankunft nämlich melden und den ganzen Papierkram ausfüllen. Ich bekomme ein Buch in die Hand gedrückt, soll die ersten zwei Kapitel am besten schon einmal lesen und mich um 4 Uhr am Nachmittag hier wieder einfinden. Puhhhh, hört sich ja jetzt schon irgendwie nach Arbeit und viel lernen an....Was hab ich mir dabei eigentlich gedacht?! Naja, jetzt erst einmal weiter laufen und zwar Richtung Hostel, welches im hinteren Teil vom Sairee Beach liegt, etwas abseits der Partymeile und damit Ruhe in der Nacht garantiert. Nach dem Einchecken, Rucksack auspacken und umsortieren und auch erst einmal mich sortieren, mache ich mich auf in das Café Culture, das die kommenden Tage auf Koh Tao zu meinem Lieblingsspot wird. Mit genügend Kaffe im Blut und den ersten beiden Kapiteln im Kopf, mache ich mich zu meiner ersten Theoriestunde auf. Das Ziel heute ist die Gruppe kennen lernen, indem man sich vorstellt. Egal wie alt ich wohl bin, ich werde diese Kennenlernrunden wohl immer hassen und ich glaube es geht genügend Leuten genauso. Diesen Teil möchte man doch einfach überspringen, Namen sagen reicht meiner Meinung nach aus, denn der Rest ergibt sich in den kommenden Tagen doch eigentlich immer von selbst?! Naja, aber spiele ich eben das Spiel mit und klappere die von meinem Tauchlehrer, namens Trevor, geforderte Liste ab: Name, Alter, woher kommst du, warum willst du tauchen, welche Hobbys hast du, wie lange wirst du reisen usw..... Die kommenden 4 Tage werde ich also noch mit Ina, ihrem Freund Tobi, deren Kumpel Philip und mit Michael, der mir als Tauchbuddy zugewiesen wird, verbringen. Nach erneutem Papierkram, einiger Theorie plus zwei echt langweiligen Filmen werden wir mit der Hausaufgabe entlassen, bis zum nächsten Tag den Fragebogen zu den ersten beiden Kapiteln auszufüllen. Denn, jetzt kommt es: Es gibt am vierten Tag einen schriftlichen Test! WHAT?! Test?! Ernsthaft lernen?! Verdammt....Ich dachte ich tauche hier ein bisschen herum und die Sache hat sich. Tja steckt wohl doch mehr als gedacht hinter dem Tauchen. Aber der Test ist nur einer zum Ankreuzen und wohl ziemlich easy und es sei wohl noch niemand durchgefallen. Naja, sollte dann ja zu schaffen sein :-D Also ab ins Hostel, in die Waagrechte, Fragebogen ausfüllen. Erinnert mich etwas an meine frühere Schulzeit, in der ich die Hausaufgaben auch manchmal auf den letzten Drücker in der Nacht im Bett gemacht habe (und das von einer Lehrerin....hehe). Jetzt aber ganz schnell Licht aus, Augen zu und hoffen, dass die anderen 7 Leute im Dorm leise Schläfer sind. Der nächste Tag beginnt früh für mich, ich schleiche mich aus dem Dorm, um die anderen nicht zu wecken. Auf dem Weg zur Tauschule hole ich mir mein Frühstück beim 7-Eleven und bei meinem Lieblingskaffeeladen einen “Coffee to go” und gehe die 20 Minuten an der Walking Street entlang, um wach zu werden. Genau dieser Ablauf wird die kommenden Tage zu meiner festen morgendlichen Routine, genau wie das Programm der Tauschschule. In der Früh erst immer die Theorie besprechen und die jeweiligen Filme dazu schauen (bei denen wir regelmäßig fast einschlafen) und danach gemeinsames Mittagessen in dem Restaurant, das direkt an die Tauchschule angrenzt. Nach der Theorie steht jeden Nachmittag die Praxis an und wir gehen ins Wasser und tauchen. An Tag zwei und drei erst einmal gemächlich vom Strand aus, um uns an die neue Ausrüstung und deren Handhabung zu gewöhnen. Mit dem Atemregler unter Wasser atmen, Tauchbrille abziehen und versuchen ruhig weiter zu atmen (im ersten Moment wirklich befremdlich, weil man denkt, dass man Wasser durch die Nase einsaugt), den Atemregler aus dem Mund fallen lassen und von hinten greifen, das Jacket mit Gasflasche komplett ausziehen und wieder anziehen und so weiter. Alles wirklich nützliche Dinge, die dir unten in der Tiefe passieren können und du ruhig reagieren musst, da man dann nicht einfach mal so schnell aus 20 oder 30m auftauchen kann, um das zu richten. Ja, ich habe Tauchen vorher ein wenig unterschätzt und wie schon gesagt auch den theoretischen Teil. An Tag 4 gibt es am Vormittag die Abschlussprüfung. Wirklich sehr, sehr einfach. Einerseits weil wir alle wirklich super gut vorbereitet sind, da wir uns ständig über die Theorie ausgetauscht haben, weil sie so interessant und spannend ist und andererseits, weil die Antworten zum Ankreuzen wirklich sehr eindeutig sind. Nachdem wir alle den Test bestanden haben (natürlich), ist heute der Tag, an dem wir auf das Boot steigen, uns dort die Ausrüstung anlegen und ins Meer springen. Ich bin super aufgeregt, freue mich aber riesig endlich weiter als die bisherigen 5 Meter nach unten zu gehen und endlich die richtige Unterwasserwelt sehen zu dürfen. Leider macht mir beim ersten Tauchgang mein rechtes Ohr einen Strich durch die Rechnung. Beim runter gehen spüre ich ein heftiges Stechen, was heißt, dass ich zu schnell nach unten gegangen bin und den Druckausgleich nicht regelmäßig gemacht habe. Schöner Mist... Jetzt nicht in Panik geraten. Ich zeige Trevor an, dass ich ein Problem mit den Ohren habe und er versucht es unter Wasser vor Ort zu lösen. Durch die Tage zuvor habe ich sehr viel Vertrauen zu ihm aufgebaut, was ich als sehr wichtig empfinde. Genau dieses Vertrauen verhindert Schlimmeres. Ich habe andere Tauschulen auf Koh Tao gesehen, bei denen die Tauchlehrer mit jeweils 20 Schülern raus ins Meer fahren. Dabei hätte ich mie nie wohl gefühlt, denn dabei kann man nicht auf jeden einzelnen gezielt eingehen. Ich wollte es mit meinem Ohr schon fast aufgegeben und komplett auftauchen, denn meine Tauchcrew ist schon auf dem Grund angekommen und wartet dort seit einer halben Stunde auf mich. Doch Trevor lässt nicht locker und leitet mich durch gezielte Übungen und langsames Kreisschwimmen nach unten. Ich bin erleichtert, ich bin in 10 Metern Tiefe, so tief wie ich noch nie zuvor in meinem Leben war. Wir schwimmen durch ein paar Korallen und bewegen uns immer tiefer. Trevor erkundigt sich regelmäßig, wie es meinem Ohr geht, doch ich bin so voll mit Glückshormonen, dass ich das leichte Stechen in meinem Ohr einfach weg ignoriere. Böser Fehler, wie sich später an Board des kleinen Schiffes herausstellt, denn es sticht jetzt wirklich ganz schön fies und ich höre auf der rechten Seite kaum noch etwas. Durch den Unterdruck wurde mein Trommelfell zu stark nach innen gezogen. Der zweite Tauchgang fällt für mich daher leider flach und ich sehe meinen Tauchschein schon dahin schwimmen. Es fällt mir sehr schwer meine Enttäuschung zu verbergen und ich bin richtig neidisch auf meine Crew, als sie sich zum zweiten Mal ins Wasser begeben. Zurück an Land bespreche ich mit der Tauchschule und Trevor, wie es nun weiter gehen soll. Ich entscheide, dass ich am nächsten Morgen auf jeden Fall mit aufs Boot gehe und mein Glück versuche. Bevor ich zu Bett gehe schicke ich noch ein kurzes Stoßgebet in den Himmel und es scheint geholfen zu haben. Am fünften und letzten Tag meines Tauchkurses klingelt der Wecker um 5 Uhr morgens, wir fahren heute nämlich viel weiter hinaus, wo uns die richtig geniale Unterwasserwelt erwartet und wir bis auf 18m gehen. Dabei werden wir von einem professionellen Fotografen begleitet und zum Abschluss bekommen wir ein Tauchvideo. Das will ich natürlich nicht verpassen und unbedingt dabei sein. Mein Ohr fürhlt sich wesentlich besser an, als am Abend zuvor, aber dennoch bin ich so aufgeregt wie schon lange nicht mehr. Ich versuche mich durch tiefes Ein- und Ausatmen die ganze Fahrt lang zu beruhigen und denke einfach positiv. Auf dem Boot geht dann alles so schnell, Ausrüstung aufbauen, anlegen, Tauchbuddy checken und schon schnalle ich mir die Flossen an die Füße und wir steigen in das Wasser ein. Eine Stunde vom Festland entfernt, im offenen Meer und unter mir mehr als 30 Meter tiefer Ozean. Hätte ich nicht meine Tauchausrüstung an, würde ich hier nie im Leben hinein springen, keine zehn Pferde würden mich dazu bringen. Zu viel Angst habe ich davor, nicht zu wissen was da unter mir sein könnte, oder was eventuell auf mich zu kommt. Doch die Gewissheit, sich gleich mit Sauerstoffversorgung in die Tiefe abzulassen und ein Teil dieses Elements zu sein, lässt solche Gedanken gar nicht erst aufkommen. Richtig, Abtauchen, da war ja etwas. Trevor und ich haben vorher ausgemacht, dass ich mir so viel Zeit wie möglich beim herunter gehen lassen soll und so oft wie möglich den Druckausgleich machen soll. Und genau so mache ich es: Ich hangele mich an der Boje Zentimeter für Zentimeter nach unten, ganz langsam und puste mir bei jedem Griff die Ohren frei. Ich spüre wie das Wasser immer kälter wird und das Ende des Seils immer näher kommt. Ich schaue auf meinen Tiefenmesser und dieser zeigt mir 15 Meter an!!!! WUHUUUUUUU!!!!!! Fast hätte ich meinen Atemregler aus dem Mund fallen lassen, weil ich vor Freude einfach nur schreien möchte! Ich habe es tatsächlich geschafft und ich fühle mich wunderbar, genial, euphorisch, glücklich und möchte meine Tauchcrew umarmen und herumspringen. Allerdings eine schlechte Idee in so tiefem Wasser und so gibt es das obligatorische “Alles okay”-Taucherzeichen, bei dem sich Daumen und Zeigefinger berühren und die restlichen Finger gespreizt werden. Trotz Taucherbrille kann ich auch in den Augen der Anderen genauso viel Freude ablesen. YEAH! WE DID IT! Wir umschwimmen das wohl schönste Korallengebiet von ganz Koh Tao und bewegen uns zwischenzeitlich immer tiefer bis wir bei 18 Metern angekommen sind, denn nur so tief dürfen wir bei dem OpenWater Tauchkurs maximal gehen. 20 Minuten bleiben wir hier unten, schweben vorbei an farbenfrohen Korallen und schwimmen durch silber glänzende Fischschwärme, bevor wir uns für den Aufstieg bereit machen müssen. Auch hier heißt es jetzt ganz langsam nach oben schwimmen und den Stickstoff, der sich mit dem Blut verbunden hat, ausatmen. 5 Meter vor der Oberfläche legen wir für 3 Minuten ein Sicherheitsstopp ein, um sicher zu gehen, dass die größte Menge des gefährlichen Stickstoffs aus dem Körper abgeatmet werden kann. Am Boot angekommen, können wir es alle noch gar nicht so recht glauben, was wir da gerade geiles gemacht haben und sind voll mit Adrenalin. Wir stärken uns mit ein wenig Obst, welches von der Bootscrew liebevoll hergerichtet wurde und freuen uns auf unseren zweiten und letzten Tauchgang des Kurses.

Gegen abends treffen wir uns in der Tauchschule, schauen uns gemeinsam unser Tauchvideo an (Link:https://vimeo.com/205560747 Passwort: scuba), gehen zum Abschluss in der besten Pizzeria essen und feiern den ersten Abend so richtig ausgelassen, ohne auf die Uhr und den alkoholischen Getränkefluss zu schauen, da man am nächsten Morgen ja “frei” hat. Naja, so ganz stimmt das auch nicht, da ich vom Tauchen nämlich so richtig angetan bin, habe ich mich dazu entschieden, den Advanced Kurs noch oben drauf zu machen. Dieser erlaubt mir 30 Meter tief zu tauchen und es sind nur 1,5 Tage an Aufwand oben drauf. Gegen mittags treffen wir uns frisch und munter an der Tauchschule. Frisch und munter ist eher gelogen, habe ich nämlich die Nacht zum Tag gemacht und landete erst um 6 Uhr morgens im Bett. Viel Kaffee und RedBull sollen mich wach halten und der Kaugummi übertüncht hoffentlich den restlichen Rumgeruch.....Wir hängen alle irgendwie noch in den Seilen, denn unsere Tauchgänge sind an diesem Tag eher schlecht und nicht nur wir sind unzufrieden mit unserer Leistung. Sorry, Trevor. Navigieren und Tarieren mit Restalkohol ist schwieriger als die Nasenspitze mit dem Zeigefinger zu treffen. Vielleicht liegt es aber auch einfach nur daran, dass wir den 5. Tag in Folge im Wasser sind und Tauchen wirklich anstrengend und kräftezerrend ist. Selbst die zwei Pumphäschen Philipp und Tobi sind regelmäßig platt und benötigen ein Mittagsschläfchen. Somit sind wir irgendwie auch froh, als nun der wirklich letzte Tauchtag anbricht und wir zum vorerst letzten Mal während dieses Kurses in die Tiefe gehen. Beim ersten Tauchgang gehen wir auf 28 Meter runter und beim zweiten tauchen wir um ein Wrack aus dem zweiten Weltkrieg herum, bei dem die Sicht so schlecht ist, dass wir uns an den Händen halten müssen, um den Tauchbuddy nicht zu verlieren.

Am Abend wird wieder so richtig hart gefeiert, denn jetzt sind wir offiziell Advanced Open Water Diver und dürfen bis 30m tief tauchen. Koh Tao ist mit Abstand der beste Ort der Welt, um seinen Tauchschein zu machen. Es gibt unzählige Tauchschulen, eigentlich dreht sich der Hauptort aus Koh Tao nur um Tauchen und daher zählt die Insel momentan zu den günstigsten Orten der Welt, wo man den Schein machen kann.

Doch die Insel hat natürlich wesentlich mehr zu bieten. Am Abend verwandelt sich der Sairee Beach in ein buntes, funkelndes Entertainmentprogramm: Erst wird auf riesigen Sandsäcken am Strand mit Getränk in der Hand gechillt und den Thais bei ihrer Feuershow zugeschaut. Dazu läuft laute Partymukke aus den Boxen der Bars, in denen man zur fortgeschrittener Stunde abzappelt. Leider machen die Clubs alle um 2 Uhr morgens dicht, aufgrund der Lärmbelästigung. Uns ist das allerdings nie genug und so kaufen wir uns im 7Eleven immer noch ein paar Getränke, setzen uns in den Sand, die Musik kommt vom Handy und haben die beste Zeit unseres Lebens. Und irgendwo da, zwischen der Schönheit der Insel, dem Freiheitsgefühl beim Tauchen und dem Feiern mit den neu gewonnen Freunden habe ich mich verliebt. Verliebt in diese Insel und ich will nie wieder weg, am liebsten die Zeit anhalten, dass alles genauso bleibt wie es jetzt ist. Koh Tao, du hast mein Herz erobert. Ich bin hin und weg von dir und das, obwohl ich dich bisher nur vom Wasser aus gesehen habe, bzw. mich nur am Sairee Beach aufgehalten habe. Da nun kein Tauchkurs mehr auf dem Plan steht, werde ich die noch unbekannten Teile der Insel die kommenden Tage mit einem Roller erkunden.

Liebestrunken, oder vielleicht doch zu viel Rum?!, taumle ich die Walking Street zurück zu meinem Hostel und versuche noch ein wenig Schlaf abzubekommen, bevor auch schon Domi anreist.

Domi ist da!!!

Domi wartet schon unten in der offenen Lobby. Jetzt heißts erstmal gemeinsam frühstücken und uns von vergangener Woche erzählen! Danach gehen wir zusammen zur Tauchschule, in der Natze ihren Schein abgeschlossen hat und Domi meldet sich gleich zum Basic Open Water Schein an. Sie hat so davon geschwärmt, dass Domi sich das dann doch nicht entgehen lassen möchte. Spontan muss es sein! Noch am gleichen Nachmittag gibt's die erste Theoriestunde und die folgenden 4 Tage fängt das gleiche Spielchen wie für Natze nochmal von vorn an :) Die Abende werden fleißig in den Bars mit den lässigen Feuershows genutzt und Natze erkundet unter Tags schon mal ein paar weitere versteckte Strände. Nach dem Openwater Kurs entscheidet sich Domi ebenfalls für einen Advanced Schein und hat das Glück, während dem Tauchgang mit Kameramann einem Walhai zu begegnen! Jaa, ganz toll, meinen die Tauchlehrer, die nicht dabei waren und sind angefressen, genau wie Natze :D (Zum Video: https://vimeo.com/207105402 Passwort: scuba). Am vorletzten Tag entscheiden sich Jenny und Andi, Domi's ehemalige Arbeitskollegen, noch für ein paar Tage nach Ko Tao zu kommen, während wir noch auf der Insel sind. Nicht zuletzt, weil wir so viel davon geschwärmt haben ;) Und schon wieder gibt's einen Grund mehr, zu feiern! Mein Gott, es klingt ja fast so, als würden wir hier auf der Insel nichts anderes machen. Naja, außer Tauchschein, am Strand liegen und Essen ist das wohl wirklich so. Der Vibe der Insel hat uns einfach gepackt und wir genießen das Leben hier in vollen Zügen.

Während Natze einen Abend in der Natural High Bar verbringt, finden Domi und Andi die wohl am Besten versteckte Reggae Bar der Insel: eine gut besuchte, verwinkelte Mischung aus Hütten, Baumhäusern und Lagerfeuerplätzen mit atemberaubenden Open-Mic Auftritten, günstigem Bier und unvergesslicher Stimmung!

Die kommenden Nachmittage werden in Strandbars mit viel Mojito und Stories von daheim verbracht, danach wird standardmäßig in den Bars mit Feuershows getanzt und getrunken. Langweilig wird's einem hier ganz sicher nicht! Kurz darauf heißt es noch einmal Abschied nehmen, mit Chance auf ein Wiedersehen in Kanada. Danke für's Vorbeischauen, die Zeit mit euch war Endstufe :)

Endlich ist auch Domi durch mit den täglichen Tauchgängen und um einige Erfahrungen reicher! Wir bleiben noch einige Tage auf der Insel und Natze zeigt die wirklichen Hot Spots, die sie die letzten Tage schon mal alleine ausgecheckt hat. Domi leiht sich ein Dirtbike und wir fahren zum Schwimmen zum Tanote Beach, der geschützt hinter einem riesigen Felsen liegt und wahnsinnig fischartenreich ist! Wir schlürfen Kokosnuss und lassen uns so richtig die Sonne auf den Bauch scheinen. Danach fahren wir die steilen Sperpentinen hinauf zum “Love Point”, ein Aussichtspunkt der nicht zu viel versprochen hat und bestellen uns einen genialen Fruitshake. SO lässt's sich leben! Um den Tag noch perfekt abzuschließen, fahren wir die unwirklich steilen Straßen zur Sharkbay herunter. Um den Strad zu erreichen müssen wir von einer Bar aus durchs hüfttiefe Wasser bis zur eigentlich privaten Bucht waten, die zu einem Luxusresort gehört. Kleiner Preisvergeich am Rande: Wir zahlen normalerweise für eine Kokusnuss zum Trinken und danach auslöffeln zwischen 45 und 60 Baht, hier an der Bar gibts nur den Saft für 125 Baht. Naja, wer's braucht. Allerdings hat's der Strand in sich. Perfekt feiner, weißer Sand, weiter im Hintergrund gesäumt mit Palmen und alle paar dutzend Meter wächst auf dem Strand ein mannshohes Gestrüpp, das ideal Privatsphäre für jeden erzeugt. Wir sind schwer beeindruckt und machen gleich mal ein Probe-Schläfchen. Morgen müssen wir unbedingt mit Schnorchelzeug zu Tanote und Sharkbay zurückkommen und die Unterwasserwelt erkunden! Wir raffen uns noch einmal auf und fahren die noch viel steileren Wege hoch bis zum “Sky Bar Viewpoint”, wo wir uns zum Sonnenuntergang noch einen Shake zu noch geilerer Aussicht genehmigen, bevor es zurück in den geschäftigen kleinen Ort geht, wo wir das beste Chicken Satay der Welt ausfindig machen.

Für den nächsten Morgen nehmen wir uns vor, den Sonnenaufgang von dem zweiten Viewpoint zu genießen. Ob die Steigung zusammen auf einem Dirtbike mit 125cc gut geht? Sagen wir so, es ist mittendrin etwas grenzwertig. Wenn man den Motor bei gefühlten (und wahrscheinlich auch tatsächlichen!?) 45Grad Steigung abwürgt, die Bremsen zwei Personen nicht verkraften und man langsam rückwärts rollt, kann schon mal Stress entstehen ;) Also wird zwischenzeitlich gelaufen und allein gefahren und wir kommen endlich unbeschadet oben an. Aber: die Bar von gestern Abend hat noch nicht offen. Na toll. Dann eben durchs nächste Grundstück schleichen, wo wir einen gemütlichen Spot auf einem Felsen finden und ENDLICH mal einen Sonnenaufgang erleben können, ohne dass uns Wetter oder andere Umstände einen Strich durch die Rechnung machen.

Danach fahren wir ausgerüstet fürs Schnorcheln erst an Tanote Beach, wo uns die dermaßen vielfältige Unterwasserwelt echt umhaut. Wieder gibt's eine Kokosnuss und schon geht's wieder los zur Shark Bay. Warum die wohl so heißt... Lea, Domi's Tauchlehrerin, hat ihm genau beschrieben, wo man hinschwimmen muss, um garantiert welche zu sehen. Die Rede ist von Schwarzspitz-Riffhaien, die tendenziell scheu sind und sich dennoch oft blicken lassen. Also einfach mal geradeaus vom Strand in die Mitte der Bucht schwimmen. Nicht so direkt eine gute Idee, findet Natze und dreht aufgrund schlechter Sichtverhältnisse bei der Bojen-Leine in ca 2,50m tiefem Wasser um. Ja, Schnorcheln ist komisch nachdem man Tauchen war, da man nicht mehr selbstversorgter Teil des Elements ist, sondern abhängig von der Schnorchellänge an der Oberfläche treiben muss und in unserem Fall auch noch ohne Flossen unterwegs ist. Domi nimmt sich also zusammen und schwimmt dennoch weiter raus. Die Sicht wird klarer und der Boden verfärbt sich von weißem Sand in ein Meer aus toten, schwarzen Korallenspitzen mit nicht einem einzigen Fisch in Sicht. Die Entfernung zum Boden schwankt stark, es haben sich tiefe Täler in den Korallenteppich geformt, was eine extrem dramatische Landschaft ergibt. Das Wasser wird kälter und jetzt heißt es echt, alle Nerven zusammennehmen. Ich gucke mich über der Wasseroberfläche um und sehe, dass alle anderen Schnorchler wohl beschlossen haben, aus dem Wasser zu gehen. Na toll. Nach einigen Minuten zickzack Schwimmen höre ich endlich ein Geräusch, das Knabbern eines Triggerfisches, in etwa so lang und hoch wie ein Unterarm. Der ist hier absolut im Paradies als Korallenfresser. Beim Tauchen waren die Fische so dermaßen unbeeindruckt von Menschen, dass sie einfach weitergeknabbert haben, wenn man näher gekommen ist. Charaktereigen ist bei ihnen, dass sie den trichterförmigen Raum direkt über ihnen als ihr Revier ansehen und alles angreifen, was ihnen dort zu nahe kommt. Und beißen können die Kollegen ordentlich, schließlich kauen die mühelos steinharte Korallen. Also immer schön auf ein paar Metern Abstand bleiben, haben wir gelernt. Doch auf einmal macht der kleine einen dermaßen schnellen Abgang, dass ich verwundert anfange, ein paar Züge hinterher zu schwimmen, bevor ich auf die Idee komme, dass es vielleicht gar nicht an mir lag. Als ich mich dann umdrehe, erschrecke ich mich fast zu Tode. Ein ausgewachsener, ca 2m langer Riffhai schwimmt parallel zu mir in Richtung Triggerfisch. Weil dieser bis auf die schwarzen Flossenspitzen in meinen Augen komplett einem weißen Hai ähnelt, kann ich meine unüberlegte Fluchtreaktion nicht kontrollieren und flüchte zwei kräftige Schwimmzüge rückwärts, das Gesicht noch in die Richtung des Hais. Durch mein hastiges Zappeln erschreckt, schlägt der Riese sich mit zwei Schwanzflossenschlägen aus meinem Sichtfeld. Nach kurzer Schockstarre dann die eigentliche Panik und der Schwimmsprint meines Lebens. Wenn der so schnell abhauen konnte, kann er es sich ja genauso schnell wieder anders überlegen. Und ich habe keine Flossen an, verdammt. Ne gefühlte Ewigkeit später komme ich endlich am Strand an und kann mich über eine tiefenentspannte Natze freuen :) Jetzt erstmal wieder klarkommen. Wir entspannen noch eine Runde am Strand, bevor wir noch am benachbarten Strand eine Runde ins Wasser gehen und die angenehmere Größe von Riffhaien anwesend sind: die armlangen Jungtiere. Auf die lässt sich Domi nochmal ein, auch weil die direkt vor der Küste im hüfttiefen Wasser schwimmen und viele Menschen dort im Wasser sind. Und diesmal ist auch die GoPro dabei. Schon gleich viel kontrollierbarer alles hier.

Bevor sich unsere Zeit in Koh Tao auch schon dem Ende zuneigt, fahren wir noch an den wohl bekanntesten Strand der Insel, zum Freedom Beach. Eine versteckte kleine Bucht, zu der ein steiler Weg nach unten führt. Der Strand hier wirkt sehr naturbelassen, dies liegt wohl auch an den kleinen Bäumen und Sträuchern, die am Rand des Wassers stehen. Auf der Fahrt zurück Richtung Hostel halten wir noch bei einem kleinen thailändischen Restaurant, in welchem Natze die Tage zuvor schon super gut gegessen hat. Aber das eigentliche Highlight hier befindet sich in einem runden Teich in der Mitte des Raumes: 3 Alligatorfische, einer so lang wie wir hoch und unglaublich hässlich. Leider aber auch unglaublich gefährlich und es wird einem liebevoll davon abgeraten, Körperteile jeglicher Art in die Nähe dieser Monster zu bringen. Der Sohn des Besitzers demonstriert uns mit einem Stück Hühnchen, wie schnell diese sonst ab wären. Nein, danke, wir verzichten und genießen unter wachsamen Augen unser Essen.

Schnell zurück zum Sairee Beach und noch Natzes Roller zurück bringen. Hier erleben wir Koh Tao zum ersten Mal von einer ganz anderen Seite: Hinter der ganzen touristischen Fassade steckt eine gut organisierte, Generationen alte Mafia, geführt von den alteingesessenen Inselfamilien. Diese haben sich ihre Macht vom Tourismus und der Regierung bis heute nicht nehmen lassen, geschützt durch die gute Isolation der Insel. Wir bemerken zudem, dass die meisten Arbeiter hier Burmesen sind, die schamlos als schlecht bezahlte Arbeiter ausgenutzt werden. Bei genau so einem Angestellten hat Natze sich einen Roller gemietet und dieses Mal den Fehler gemacht, auf das gegenseitige Vertrauen zu setzen: Sie hat keine Bilder gemacht, den Roller nur angeschaut, alles tip top, keine Kratzer oder Schäden, passt. Er im Gegenzug wollte das Geld erst, wenn ich ihn zurück bringe. Läuft, cooler Typ, dachte sie und zudem haben Freunde von ihr diesen Rollerverleih empfohlen. Als sie dann bei der Rückgabe allerdings auf einmal einen Betrag von 50 Euro zahlen soll, löst sich dieses Vertrauen in Luft auf. Bei einer Plastikabdeckung entdeckt er einen kleinen Riss, der angeblich vorher nicht da war. Er ruft die Chefin, die auch prompt angerauscht kommt, erklärt, sie müsse die ganze Abdeckung erneuern und das kostet dementsprechend....Keine Bilder, keine Beweise und so hilft kein diskutieren, denn ohne Bezahlung, kein Pass und ohne Pass keine Weiterreise. Es schmerzt, aber wir haben auf der gesamten Reise so viel Glück gehabt und nie einen Unfall gebaut, dass es nun eben so kommen musste.

Wie und wo wir auch diesen Abend verbringen, brauchen wir wohl nicht erwähnen. Der nächste Morgen beginnt dementsprechend schleppend und auch leicht mürrisch, das liegt aber eher daran, dass wir diese wunderbare Insel heute verlassen. Beim Check-out wird Natze mit den Worten verabschiedet “Huiiii, du warst echt lange hier.” Ja, das stimmt, nämlich genau 2 Wochen und 5 Tage, aber einen Hostelrabatt hat sie dennoch nicht bekommen :-D

Natze & Domi