Luang Prabang - Juwel von Indochina

 

Die Altstadt von Luang Prabang zählt aufgrund seiner zahlreichen kolonialen Gebäude zum UNESCO-Weltkulturerbe. Während wir so durch die Straßen der Halbinsel streifen, vorbei an den Bäckereien, aus denen es herrlich nach frischen Croissants duftet, und gemütlichen Cafés fühlen wir uns wie in Frankreich. Einzig allein die pompösen buddhistischen Tempel erinnern uns noch daran, dass wir uns in Südostasien befinden.

Die nächsten Tage erkunden wir hier das meiste zu Fuß. Doch wir wollen mehr sehen und außerhalb der Stadt soll es den schönsten Wasserfall in Südostasien geben. Auf unserer SlowBoat Tour sind wir auf die glorreiche Idee gekommen, mit Geert zum Wasserfall zu biken. Dieser befindet sich 30km außerhalb von Luang Prabang und die TukTuk-Fahrer verlangen horrende Preise. Außerdem wollen wir mal wieder bisschen mehr Sportaction und da bietet sich so eine Tour doch an. Bevor uns aber ein Typ, der seit 15 Monaten ununterbrochen auf dem Fahrrad unterwegs ist und teilweise Gepäck von bis zu 60kg dabei hat, schwarz aussehen lässt, testen wir unsere Sportlichkeit einen Tag vorher und fahren läppische 10km einfach zu dem eher unbekannten und versteckten Tad Thong Wasserfall. Wie für alles in Laos muss man auch hier “Eintritt” bezahlen, 10.000Kip (etwas mehr als 1€). Wir hoffen, dass es sich lohnt und WOW, JA! Definitiv! Dutzende ineinenader fließende, kleinere Wasserfälle, die aus zwei verschiedenen Flüssen stammen bringen uns dazu, die Gegend stundenlang zu erkunden. Wir fühlen uns wie Indiana Jones, mitten im Dschungel, umgeben von riesigen Bäumen, zwischen denen vom Laub verdeckte Treppenstufen uns ganz nach oben führen. Hier und da steigen wir über Baumstämme, müssen durch das Unterholz kriechen oder die kleineren, glasklaren Wasserfälle direkt erklimmen.

Wir werden von Schlangen erschrocken, entdecken schmetterlingfressende Riesenspinnen und erwarten ständig, auf wilde Tiere zu treffen. Zum Glück bleibt und das erspart! Nachdem wir unseren Weg zurück nach einiger Verwirrung wiedergefunden haben, können wir es nicht lassen, in den größten der vielen natürlichen Pools zu springen und uns nach dem schweißtreibenden Geklettere zu erfrischen! Einfach Wahnsinn, diese Natur hier!!

Wieder daheim treffen wir uns mit Geert und den anderen SlowBoat Fahrern in der Utopia Bar, die wirklich ein Lebensgefühl für sich ist! Direkt am Ufer des Mekong-Zuflusses sind mehrere Holzterrassen mit angenehmer Beleuchtung, Jukebox Musik, Beach-Volleyball Feld und makaberen Dekorationen aus den Hüllen der berüchtigten Clusterbomben, die von den Amerikanern im Secret War millionenfach abgeworfen wurden! Aus diesen gefertigt finden sich, wie wir noch sehen werden, überall in Laos Kunstwerke, Blumentöpfe, Zaunpfosten oder Grills! Not macht wohl erfinderisch...

Wir verabreden also eine Startzeit am kommenden Morgen und ziehen nach der allgegenwärtigen Sperrstunde in Laos um kurz nach elf wieder in Richtung Hostel.

Die insgesamt 60km lange Radltour wird zu einer ziemlichen Anstrengung für Domi, der am Vorabend wegen einem schlechten Essen kaum was behalten kann. Nach zweistündiger Fahrt kommen wir dann doch am Eingangstor zum Wasserfall an und versorgen uns erst einmal mit Fruitshakes und Knabbereien. Dann geht es los, das Areal erkunden. Natürlich wieder gegen eine Eintrittsgebühr, man muss ja irgendwie der Infrastruktur helfen! Vorbei an einem kleinen Auffanglager für gerettete schwarze asiatische Bären, die in ihrer Größe eher an zu dick geratene Hunde erinnern und vor denen wohl kaum jemand wegrennen müsste. Kurz darauf kommen wir an stark mineralienhaltigen, leuchtend blauen Wassertreppen, deren faszinierende Farbe jeden Staunen lässt, an. Wir folgen dem überlaufenen Pfad weiter nach oben, vorbei an begeisterten Touris und badenden Chinesen, bis uns der eigentliche, sicher 60m hohe Wasserfall völlig in den Bann zieht. Wie auch bei den Becken ist das nicht ein einzelner Wasserstrahl, der in die Tiefe stürzt, sondern ein sich immer wieder über übereinander liegende Terrassen trennende und wieder vereinende Wasserfall. Wir stehen ein paar Momente baff auf der Holzbrücke und beschließen dann, den sehr steilen Weg an der Seite zu erklimmen, da wir dort oben nur die wenigen hartgesottenen Touris erwarten. Ohne Lianen ist dieser Hang nicht zu meistern und das erweist sich wahrlich als guter “Filter”, wie Geert so passend sagt. Oben angekommen können wir die fast noch unrealistischere Ansicht gar nicht glauben: in einem glasklaren See sammeln sich kleine Inseln, die durch Bambusbrücken verbunden sind und das dort sehr ruhige Wasser stürzt auf einer Breite von ca 100m über eine perfekte Kante in die Tiefe. Die Aussicht und der Flair hier oben hauen uns um und wir springen kurzerhand in den eiskalten Pool! Und wenn man denkt, dass es dort nicht schöner sein kann, hängt noch eine lange Schaukel von einem dicht bewachsenen Baum bis kurz über das Wasser. Dieser Ort haut uns einfach um.

Wir genießen, so lange wir können, aber Hunger und der weite Weg nach Hause zwingen uns wieder, dieses Paradies hinter uns zu lassen. Wir holen uns noch eine Stärkung bei unserer Fruitshake Tante und dann geht es Retour nach Luang Prabang. In diese Richtung ist der Weg zwar einfacher, doch begegnen wir auf etwa halber Strecke einen bösen Schreckensmoment: Ein paar halbstarke Einheimische haben sich wohl am chinesischen Schwarzmarkt ein vollautomatisches Gewehr gekauft und haben sichtlich Spaß dabei, uns “Falangs”, also Fremden, mit dem Ding einen Riesenschrecken einzujagen, indem der Besitzer auf uns Vorbeifahrende zielt, unterstützt von höhnischem Gelächter der Anderen. Daran kann wirklich nur der letzte Depp etwas lustig finden!

Wieder heil in Luang Prabang angekommen, schlendern wir noch über den Nachtmarkt und besorgen uns unsere eigenen Holz-Chopsticks (um die Verschwendung der Einmal-Sticks zu vermeiden). Wie wir ja wissen, findet man auf so einem Markt wirklich alles, doch Laos toppt das bisher gesehene: Von toten oder lebendigen Ratten (essen die Laoten wie wir Schwein oder Hühnchen) bis hin zu einer ganz besonderen Medizin für den Mann: den Snake Whiskey. Wie der Name schon verraten lässt, befindet sich in dem selbst gebrannten Alkohol eine Schlange und manchmal auch Skorpione, Spinnen oder Tausendfüßler. Morgens und Abends soll man es trinken und daraufhin die volle Stärke im Mann hervorrufen. die Stärke im Mann hervorrufen. Na dann Prost. Wir verzichten lieber auf die aphrodisierende Wirkung und machen uns auf in unsere geliebte Utopia Bar, wo wir mit Geert und ein paar anderen bekannten Travellern den Abend ausklingen lassen.

Die Stimmung ist so bombastisch, dass wir auch nach der Sperrstundenzeit noch weiter ziehen wollen. Ein Schweizer, der seit einigen Jahren in Laos lebt, lädt uns in einen laotischen Club ein, abseits der Touristemassen. Klar, nichts wie hin! Ab ins TukTuk! Geert, der mit dem Fahrrad da ist, reizt unsere Lachmuskeln nochmal voll aus: Auf dem Fahrrad sitzend hängt er sich an das fahrende TukTuk ran und lässt sich ziehen. Haben wir schon mal erwähnt, was für ein herrlicher Bursche er ist?!

Der Club sieht von außen eher aus wie das Weiße Haus in den USA und die aufgemotzten Karren davor erinnern an den Film "Fast and the Furios - Tokyo Drift". Von außen hören wir schon die Bässe und stürzen uns ebenfalls ins Geschehen, bereit die Nacht zum Tag zu machen. Drinnen erwartet uns jedoch alles andere als ein feierwütiges Partyvolk: bei lautstarker Technomusik, bei der einem fast die Ohren weg fliegen, stehen die Laoten nur unter sich und reden bzw. genießen die Musik eher im Stillen. Der Schweizer drückt jedem von uns ein paar Bier in die Hand und so tanzen wir als Einzige unter den belustigten Blicken der Einheimischen ausgelassen, bis eine Stunde später auch hier die Lichter angehen....

Die laotische Regierung scheint die Wirtschaftlichkeit des Feiern gehens nicht ganz begriffen zu haben. Auch jetzt wollen wir noch weiter ziehen und lassen uns von dem Schweizer die letzte Möglichkeit in Luang Prabang zeigen. Bekannt als “Bowling Bahn”, wo sich die angetrunkenen Touris treffen, die es nicht lassen können, ist es genau das, was der Name sagt: eine Bowling Bahn. Wie viel Spaß man hier haben kann, wenn`s mal nicht ganz nüchtern zugeht! Ein genauso genialer wie einzigartiger Abend!

Den letzten Tag lassen wir gemütlich ausklingen. Wir chillen uns auf die wunderbare Terrasse im Utopia, denn bei Tageslicht hat man hier einen genialen Ausblick auf den Nam Khan Fluss und recherchieren unser nächstes Reiseziel. Am Abend besteigen wir den Mount Phousi, der sich mitten aus der Altstadt erhebt und von dessen Gipfeltempel aus man die beste Sicht über Luang Prabang und die angrenzende Berglandschaft hat. Leider ist es schon lange kein Geheimtip mehr, dass man von hier oben den schönsten Blick auf den Sonnenuntergang erhaschen kann. Wir quetschen uns durch Kamera-bewaffnete Menschenmassen und entscheiden uns dann, lieber auf der Ostseite die Berge zu bestaunen. Doch hält es uns hier auch nicht lange und wir machen uns kurz darauf wieder abwärts in die Stadt auf die Suche nach einem laotischen Barbeque. Für bisschen mehr als 2€ pro Person bekommt man eine Riesenschüssel Gemüse, verschiedenes Fleisch und Fisch, Nudeln, Eier und eine leckere Soße. Serviert wird das ganze in einem rundem Grill auf dem eine Metallschüssel sitzt, in der die Brühe für das Gemüse erhitzt wird und auf dem das Fleisch gegrillt wird. Dazu bekommt man noch zwei dicke Fettstücke, mit denen das Metall eingefettet wird. Ein bisschen wie Fondue und Raclette in einem und wirklich einmal was anderes als immer nur Nudelsuppe!

Luang Prabang ist eine wirklich wunderschöne, dank der Ernennung zum Weltkulturerbe, sehr gepflegte Stadt. Die Kolonial-Architektur wirkt fantastisch in Kombination mit den goldenen laotischen Tempelanlagen und besticht mit altmodisch-kitschigen Charme. Reiche europäische Rentner geben sich hier mit den sonst so allgegenwärtigen Backpackern die Waage, genauso verhält es sich auch mit teuren Brasserien zu günstigen, aber schmucken Cafés. Je mehr man darüber nachdenkt, desto weniger hat diese Stadt mit dem echten Laos gemeinsam. Ein Reiseblogger hat mal geschrieben, “es sieht eher wie ein 'Laos Disneyland' aus”.

Kaum irgendwo sonst in Laos stößt man auf “Wine Bars” oder traditionell französische Bäckereien, geschweige denn diese kleinen, westlich ausgerichteten Cafés. Und dann fallen einem doch wieder unweigerlich die rot-gelben sowjetischen Flaggen ins Auge, die an die zerrüttete Geschichte des Landes erinnern und daran, dass sich die Laoten wirklich nur zugunsten des Tourismus mit den Franzosen identifizieren. Wir haben uns oft gefragt, ob die Einheimischen wohl überhaupt wissen, für was das Wahrzeichen kommunistischer Diktatur an jeder zweiten Häuserfront steht...

 

Wir möchten das echte Laos sehen und keinen beschönigten Fake. Also ziehen wir am nächsten Tag weiter, weiter in Richtung Norden, in einen kleinen Ort am Nam Ou River, nach Nong Khiaw (sprich “Nong Khiau”).

Natze & Domi