Nong Khiaw - Unendliche Schönheit

Startbereit stehen wir morgens an der Straße zum Hostel. Die Tickets aus dem Touristenbüro in den Händen, warten wir auf den verabredeten Pickup Service. Nach einigen Viertelstunden rufen wir im Büro an und erkundigen uns nach der Lage. "Oh, ja genau, Pickup ist unterwegs!", heißt es da nur. Und schon wird wieder aufgelegt. Na, ob das was wird... Eine weitere halbe Stunde später ruft Domi erneut an. "Wir seien nicht da gewesen, der TukTuk-Fahrer ist leer zurück gekommen." Domi versichert, dass das nicht sein kann und bittet nochmals um einen Pickup, die Busabfahrtszeit sei ja schon in 10 Minuten. Endlich stellt sich ein verschlafener Laote ein, der kein Wort Englisch versteht und keinen blassen Schimmer hat, wohin er uns denn eigentlich bringen soll. Wir verständigen uns mit Händen und Füßen auf die Minivan Station und tatsächlich, dort warten noch drei Busse. Anscheinend seien diese aber nicht unsere und wir müssten mit einem anderen Wagen zum großen Nordbusbahnhof gebracht werden, von wo aus allerdings nur die Busse für die Einheimischen starten. Uns schwant Böses, ebenso dem TukTuk-Fahrer, der sich von dem verplanten Minivanteam um seine Bezahlung betrogen sieht. Wieder müssen wir dem armen Mann mit Händen und Füßen darauf hinweisen, dass er diese am Ticketschalter bekomme. Schon geht es also weiter Richtung Bahnhof und ... natürlich will uns der Fahrer in einen lokalen Billigbus stecken. Das wäre ja alles halb so schlimm und wir würden auch direkt einsteigen, hätten wir nicht für den Minubustransport fast das Dreifache des Local Buspreises gezahlt! Wir bleiben penetrant und fordern den Fahrer auf, uns zurück zum Touribüro zu fahren. Dort entspannt sich eine ewige Diskussion, dessen Ausgang letztendlich nur ist, dass wir zum Zeitpunkt der eigentlichen Ankunft am Ziel, Nong Khiaw, kostenlos zum Nordbahnhof in Luang Prabang gebracht werden, unser Geld vollständig zurück erhalten und zwei Stunden später dann eben doch den wesentlich günstigeren Localbus nehmen müssen. Wir vermuten, das Touribüro hat uns einfach vergessen, der Minivan war schon längst abgefahren und dann wollten sie uns eben in den Localbus stecken.... Die Beinfreiheit im Bus ist für die durchschnittlich 1,60m kleinen Laoten gebaut und mehr als unangenehm. Als dann während der holprigen, viel zu schnellen Fahrt noch ein Koffer wegen schlechter Befestigung vom Dach fällt, ist der Ärger riesig. Aber man kann ja nichts ändern und das Beste haben wir auch aus der Situation geschlagen. Drei Stunden später kommen wir dann endlich in Nong Khiaw an, wo wir uns eine weitere Abzocke durch den einzigen TukTuk-Fahrer an der völlig abseits liegenden Busstation sparen wollen und uns zu Fuß in das einen Kilometer entfernte Städtchen aufmachen.

Nong Khiaw ist einfach und ländlich im Vergleich zu Luang Prabang, aber dafür umso schöner zwischen malerischen Karststeinhügeln und bewaldeten Bergen gelegen, mit dramatischen Klippen und einem ruhigen Fluss, der das Städtchen teilt. Wir lassen uns in einer Bungalowhütte mit Balkon und Hängematte inklusive Ausblick auf den Nam Ou River nieder. Wir laden unsere Sachen ab und wollen gerade den Sonnenuntergang auf dem Balkon genießen, als wir am benachbarten Balkon eine befreundete Französin von der Slowboat Tour treffen! So riesig die Möglichkeiten in Asien doch sind, man trifft doch immer wieder bekannte Gesichter. Und das soll in diesem verschlafenem Örtchen nicht das letzte Mal gewesen sein!

 

Tags darauf machen wir uns daran, einen von den unzähligen, uns umgebenden Bergen zu erklimmen. Der Weg nach oben ist dermaßen steil, ungesichert und gefährlich, dass das keine Behörde in Europa zulassen würde! Wir passieren wahre Mammutbäume, die ihre senkrecht abgeflachten Wurzeln in den steilen Felsboden rammen, kaum gesicherte, ins nicht mehr Sichtbare abfallende dunkle Schlunde, die sich von unserer Taschenlampe nicht ansatzweise erhellen lassen und müssen über messerscharfe, schwarz glänzende Felsspitzen steigen, deren steil abfallende Zwischenräume mit provisorischen Baumstammbrücken in schwindelerregender Höhe verbunden sind. Dafür kann sich der Ausblick von oben über das Tal aber sowas von sehen lassen!

 

Der versteckte Abstieg nach unten ist inklusive kleiner Klettereinlage nicht unspannender und wenig später kommen wir verdreckt inklusive zerstörter Schuhsohlen wieder unten an.

 

Wir entdecken um die Ecke von unserer Bambus Hütte die Gastfreundschaft von “Mama Alex”, die sich trotz fehlender Angestellter sichtlich Mühe gibt, uns wie die eigene Oma zu versorgen. Hier fühlen wir uns heimisch und werden zu regelrechten Stammgästen.

Die Tage in Nong Khiaw fließen nur so ineinander, es ist ein Ort, an dem man schnell das Gefühl der Zeit verliert. Wir finden uns mit gemietetem Roller in den nahe gelegenen Bergen mit Aussicht in grünes Niemansland wieder, wo Einheimische in winzigen Dörfern über den Wolken eine Abart von Eichhörnchen und Ratte zum Essen verkaufen. Natürlich erkunden wir wieder eine der vielen Höhlen, die im Vietnamkrieg so wichtige strategische Rollen gespielt haben.

Die Nächte hier sind, auf gut deutsch gesagt, arschkalt und der dichte Nebel wird täglich erst immer gegen ein Uhr mittags von der Sonne durchbrochen, die schon kurz darauf die vielen Täler mit tropischer Hitze versorgt.

 

 

 

 

 

Nach einer nächtlichen Schnapsidee steigen wir morgens um fünf Uhr unter Qualen über einen genauso steilen Pfad auf den zweiten Aussichtspunkt über der Stadt, der leider komplett wolkenverhangen bleibt. Wir schmunzeln darüber und nehmen es mit Humor. Mit den Sonnenaufgängen will es bei uns irgendwie nicht so ganz klappen, das sind wir aus Nepal ja schon gewohnt.

2-tägiges Dschungeltrekking nach Ban Na Louang

Tags darauf befinden wir uns auf einer zweitägigen Trekkingtour mitten durch den nahen, mit Blutegeln bespickten Dschungel. Die Luft hier ist unbeschreiblich gut und man beginnt, sich winzig zu fühlen zwischen all diesen mit Lianen behangenen Bäumen und unberührten Berglandschaften. Laos hat fast die Größe Englands, wobei hier aber nur 6,7 Millionen Menschen wohnen (in England 54 Millionen!). Hier gibt es also neben der unzählbaren Anzahl von unexplodierten Marschkörpern der Amerikaner jede Menge unberührten Urwald. Natürlich bewegen wir uns nicht abseits der Pfade, denn das kann einem hier schnell die Beine kosten. Doch Sytha, unser quirliger Guide, weiß über jede Ecke dieses Trecks Bescheid und führt uns vorbei an angezapften Latexbäumen quer durch Flußtäler zu einem noch viel verlasseneren Dörfchen, namens “Ban Na Louang”. Dort ist Timeout angesagt. Unser Angelversuch ist zwar leider erfolglos aber immerhin sehr entspannend und danach helfen wir der Besitzerin unseres “Homestays” beim Abendessen zubereiten – es gibt frische Fischsuppe mit sautiertem Farn (ja, das feine Urzeitgewächs), geschmorte Wasserbüffelhufe, beziehungsweise die Knochenhaut davon, Sticky Rice und natürlich viel Chilli. Später schnappen wir am Lagerfeuer bei ein paar kalten Beerlao Dorfgeschichten auf und probieren die riesige Wurzel eines winzigen Bäumchens, die hier direkt neben der Lagerfeuerglut gegart, dann geschält und warm gegessen wird. Die namenlose Wurzel kommt dem Geschmack einer Kartoffel erstaunlich nahe. Pappsatt und erschöpft schlafen wir in dieser noch viel dünneren Bambushütte unseren leichten Reiswein-Rausch aus und genießen am kommenden Morgen geschmorte junge Bambusspitzen zum Frühstück, Sticky Rice darf hier natürlich nie fehlen. Unsere Dusche ist ein Wasserhahn ohne Wände in der Dorfmitte, der uns einige neugierige Blicke bereitet! Ente und Huhn, Hund und Katze sind hier Teil des Dorflebens, laufen frei herum und gesellen sich auch mal zu dir in die “Dusche”.

Kurz darauf geht es leider schon wieder los. Wir machen uns auf durch mehrere kleine Dörfer, in denen wir schnell zur Attraktion werden, genießen eine frisch gepflückte Papaya, passieren saftig grüne Reisfelder mit Bauern unter ihrem Spitzhut, die Kuhherden vor sich hertreiben. Besser hätte man es auf einer Postkarte nicht darstellen können. Wir müssen vorbei an neugierig kreischenden Kinderhorden, bis wir schließlich wieder auf unseren Mekong-Zufluss stoßen. Dort wird fix übergesetzt und ein kleiner Snack gehalten. Wir bekommen frisches, saftiges Zuckerrohr zum zerkauen – die beste Süßigkeit, die man sich vorstellen kann! Nach kurzer Verschnaufpause wandern wir zu einem extrem abgelegenen Wasserfall, werfen reife Grapefruit mit Stöcken von haushohen Bäumen und halten unser Picknick auf Palmenblättern. Das Bad im Becken des Urwald-Wasserfalls ist jetzt genau das richtige nach zwei langen Tagen wandern in der tropischen Hitze! Unser grandioser und witziger Guide gibt sich jede Mühe, uns tiefe Einblicke in das Leben der Laoten zu geben. Nach der Stärkung geht es zurück zum Ufer des Nam Ou und schon wird uns ein Paddel in die Hand gedrückt. Kurz darauf geht`s flussabwärts auf einem Kanu durch die dramatische Karstgebirgslandschaft zurück nach Nong Khiaw. Würde nicht ein reger Verkehr an Booten zwischen Nong Khiaw und den nördlicheren Orten bestehen, man könnte denken, dass man gerade einen unbekannten Dschungel erkundet! An den Ufern grasen Wasserbüffel zusammen mit schwarzen Schweinen, die von hunderten weißen Schmetterlingen umkreist werden, man sieht zahllose Höhleneingänge und Klippen in den vielen Seitentälern und die Sonne spiegelt die saftgrünen Hänge im Wasser vor uns. Es ist der absolute Wahnsinn hier.

Kaum haben wir am Ausgangspunkt in Nong Khiaw unsere Rucksäcke auf den Rücken geschwungen, laufen uns die nächsten bekannten Gesichter über den Weg: die vier Kanadier, die wir auf dem Slowboat und in Luang Prabang kennen und schätzen gelernt haben, sind gerade auf Futtersuche. Wir schließen uns an und machen ein paar Bier später aus, dass wir die geplante Motorrad Route durch Vietnam gemeinsam machen werden!

 

Tags darauf heißt es dann leider Abschied nehmen von der charmanten Kleinstadt, denn wir sehnen uns nach Neuem. Früh morgens um 6 Uhr stehen wir auf und wollen das Boot in das noch ruhiger gelegene Muang Ngoi nehmen, doch irgendwie will bei uns nicht so Recht Freude und Euphorie aufkommen. Wir sehnen uns beide nach den vielen Tagen der Ruhe doch wieder nach etwas mehr Action und andere Backpacker. Nachdem uns die Kanadier am Abend zuvor von “Vang Vieng, man!!!” vorgeschwärmt haben ist uns in diesem Moment klar geworden, dass wir da hin müssen! Anstatt unseren ursprünglichen Plan, im Norden Laos über die Grenze nach Vietnam einzureisen, fahren wir wieder südlicher, vorbei an Luang Prabang nach Vang Vieng und gönnen uns anschließend mal wieder einen Flug von der Hauptstadt Vientiane nach Hanoi. Der Plan steht und wir hoffen noch am selben Tag ein Busticket in den Süden zu ergattern. Das Glück steht auf unserer Seite: Um 4 Uhr nachmittags fährt tatsächlich ein Local Minibus, einziger Wehrmutstropfen, die Fahrt dauert mal wieder 12 Stunden. Gut, so sparen wir uns eben wieder die Unterkunft und in zurückklappbaren Sitzen kann man auch ein paar Stunden Schlaf ergattern.

Und, tja, was soll man sagen... Es kommt, wie es kommen musste: das Thema Busfahrten ist bei den Laoten echt nicht der Knüller.

“Fahrt niemals über Nacht,” wurde uns geraten. “Es ist viel zu gefährlich!”, haben sie gesagt. “Fahrt vor allem niemals über die Nummer 13!” Und was machen wir?! Natürlich werfen wir alle Bedenken über Bord und machen GENAU all diese drei Dinge auf einmal auf unserer Busfahrt nach Vang Vieng. Wir sind ja schon einiges an Bussen gewohnt: kaputte, klapprige Sitze, Schotterpisten mit riesigen Schlaglöchern und dazu Fahrer, die meinen, sie wären gerade an der Front. Wir dachten, schlimmer kann es nicht mehr kommen und wir hätten alles gesehen. Bis dahin kannten wir Laos noch nicht. Wir sind die letzten die an der Busstation ankommen, unser TukTuk Fahrer musste nämlich nochmal Kehrt machen, um Orangen ins nächste Dorf zu liefern. Unser Pech nun, wir bekommen die letzten zwei Sitze im Minibus, sie befinden sich mitten im “Gang”, sind ausklappbar, haben keine Kopfstütze und gleichen eher Kindersitzen. Am Boden befinden sich Unmengen an Reissäcken auf denen wir unsere Füße platzieren müssen, die Knie stoßen am Vordermann an. Dass in diesen Sitzen an Schlaf nicht zu denken ist, brauchen wir wohl erst gar nicht erläutern, vor allem neigen diese auch gefährlich nach rechts und wir müssen uns in jeder Kurve abstützen, um nicht vom Sitz zu rutschen. Und leider gibt es auf diesem 12-stündigen Ritt enorm viele Kurven und unser Busfahrer scheint trotz dickem Nebel enormen Spaß daran zu haben, mit Vollgas in diese hinein zu fahren. Hauptsache die Laoten haben Spaß, denn diese können nicht mehr vor Lachen, als wir in den Bus einsteigen und reden offensichtlich über uns, da wir ständig nur noch das Wort “Falang” hören und auch später sind sie nicht gerade freundlich zu uns, da sie beim aussteigen jedes Mal, wohl mit Absicht, auf unsere Sitze trampeln. Dieses Gesamtpaket hätte ja schon gereicht, kommt allerdings hinzu, dass der Gestank in dem Bus unerträglich ist: Eine Mischung aus voller Windel und toten, angekokelten Tier. Wer weiß was sich wirklich in diesen Säcken befindet. Wir haben das Gefühl, ein ganzes Dorf sitzt hier im Bus, der Schwager, der Onkel und dessen Cousin 3.Grades samt Frauen und Kinder plus deren gesamten Einkäufe, die für das kommende halbe Jahr wohl reichen.

Schließlich kommen wir in Vang Vieng an. Um drei Uhr Nachts. Ohne gebuchtes Hostel.

Natze % Domi