Wüstenperle

Nach einer knappen Stunde Schlaf landet unser A380 Doppeldecker im noch verschlafenen, nebligen Wüstenstaat ungefähr so sanft wie Rainer Kalmund beim Stabhochsprung. Spätestens jetzt ist auch der letzte verschlafene Passagier hellwach.


Wir machen uns auf den Weg um unser Gepäck umzupacken, einzulagern, uns frisch zu machen und dann auf die Suche nach einem Kaffee. 

Halb Acht Uhr morgens leicht zerknittert also Start „frei Schnauze“ quer durch Dubais überirdisches Bahnnetz, von dem aus man sich ein recht gutes Bild von der Stadt machen kann. Wir bemerken sehr viele Verbote in der Metro (Kein Kaugummi kauen, nicht auf großen Flächen in den Stationen sitzen und eine saftige Strafe für Männer, die es wagen, die lila Linie des für Frauen und Kinder bestimmten vorderen Wagenteils zu überqueren) und noch mehr südostasiatische Frauengesichter. 

Schnell wird uns klar, was für ungeahnte Ausmaße die Stadt eigentlich hat - auf den ersten Blick war es nur eine große Innenstadt aus einer Hochhaus Skyline, doch die Hauptlinie führt parallel zur Küste vorbei an immer wieder neuen Ansammlungen von Hochäusern, dazwischen wechseln sich sandiges Brachland und perfekt begrünte Golfkurse ab.  

Wir beschließen, am Ende der Strecke auf Frühstückssuche zu gehen und - so doof das auch klingt - kommen wir nach fast drei Stunden am Boden das erste Mal an echte Wüstenfrischluft. Vom Flughafen bis zur Metro bis zur Überführung der 12-spurigen Straße ist alles hermetisch abgeriegelt und ein einziges Gefrierfach - das freut Natzes Brillengläser, die bei plötzlichen 37Grad promt beschlagen! (Dubai hält sich bis jetzt an alle Vorurteile - inklusive der Bugatti Veyrons und AMGs, die deutlich zu schnell die Straßen entlangdonnern.)

Die Gegend ist leicht befremdlich, keines der Wohnhochhäser ist älter als 10 Jahre und wir sind so ziemlich die einzigen Fußgänger am Straßenrand. Langsam kommt uns der Verdacht, dass selbst für einen frühen Dienstagmorgen einfach zu viele Geschäfte geschlossen sind... bis unser Blick an einem „Eid Mubarak“ Poster am Straßenrand hängen bleibt. Wir hatten unseren eintägigen Besuch also ausgerechnet auf das muslimische Opferfest Bayram gebucht, verdammt! Aber zum rumärgern ist es jetzt zu spät.


Nachdem wir fündig wurden und der Magen gefüllt war, also zurück in die Metro (inzwischen schon schweißnass - das wird sicher traumhaft schön trocknen bei gefühllten drei Grad..) wieder zurück in Richtung Burj Khalifa - dem höchsten Gebäude der Welt. Am Horizont sieht es noch aus wie ein normales Hochhaus, vielleicht etwas spitz geraten, aber mit jeder Station die wir näher kommen, bemerken wir, dass die meisten Hochhäuser in der Nähe noch nichtmal ein Drittel der Höhe des Burj auf den Tacho bringen. Die Wagons sind übrigens fahrerfrei elektronisch gesteuert und man fährt direkt auf das Ziel zu, vorbei an Stationen, deren Namen sich in dämlichher Einfältigkeit immer weiter übertreffen. Von einem kreativ sehr gelungenen „Emirates Park“ vorbei an den Namen der gerade nahegelenen Banken oder Autohäuser über meinen persönlichen Favoriten „Dubai Internet City“ bis hin zur Endstation „Etisalat“, der Name der hiesigen Telekom.

Die Klugscheisser unter euch fragen jetzt natürlich: „Wie kann der Typ vorn aus der Scheibe gucken, wenn das doch der berüchtigte gesonderte Frauenbereich ist!?“ Ich sag nur Yolo. 

Naja eigentlich war der dann bei der Rückfahrt einfach ganz hinten.

Angekommen beim Khalifa wird man über gefühlte Kilometer hinweg per Rollband wie man sie vom Flughafen kennt durch ein natürlich pausenlos klimatisiertes, oberirdisches Designtunnelsystem in die Dubai Mall geleitet wo es arschkalt ist und Mengen an weißgekleideten Sheichs mit ihren noch größeren Mengen an schwarzgekleideten Frauen und buntgekleideten Kindern mit Unmengen noch viel bunterer Toys'R'us Artikel die Mall noch viel prunkvoller erblühen lassen als sie für arabische Verhältnisse sowieso schon ist.... Entschuldigung, bei sowas geht mir der Stoiker durch. 

Einige Stockwerke und arschkalte Momente später dann endlich ein Weg in die Freiheit, direkt zu Füßen unseres Zieles.

Man muss seinen Kopf schon sehr in den Nacken legen um zu begreifen, was da für ein Monstrum vor einem steht. Den sehr unbeschwerlichen, aber teuren, Weg auf die Aussichtsplattform ersparen wir uns Natzes Höhenangst und meiner Reisekasse zu Liebe und machen uns erneut auf Futtersuche. Danach gehts auf in die verwinkelte, romantische Altstadt mit ihrem bekannten, leider wegen den Feierlichkeiten zum Großteil gesperrten, Bazaar und nach einem kurzen Übersetzen über den Creek mit dem Wassertaxi zurück zum Airport - Nachschlafen, Vorschlafen und ein Businessupgrade warten schließlich auf uns!

Alles in allem können wir zusammenfassen, dass Dubai so sicher das surrealste ist, was man in der Wüste erbauen kann - eine Stadt die vor Weltrekorden nur so strotzt. Dennoch wirkt sie seltsam zuusammenhanglos wie eine größenwahnsinnige EXPO2054, vor allem aber sozial eingefroren und unpersönlich, mit Ausnahme der innersten Altstadt. Der häufige Wechsel zwischen heiß und kalt hat unsere Immmunsysteme sicher für zukünfige Erkältungen gewappnet! 

Es war toll, das alles einmal im Leben gesehen zu haben, aber mit dem, was wir für unsere Weltreise vorhaben hat es rein gar nichts zu tun...

Die nächste heiße Megacity wartet auf uns! DELHI WIR KOMMEN!

Domi